Liebe Leser,
ich habe gestern mein Bewerbungsgespräch fürs Auslandsjahr gehabt und konnte dort für mich sehr wichtige Erfahrungen sammeln. Auf den Inhalt des Gesprächs will ich gar nicht so sehr eingehen und um ehrlich zu sein, kann ich auch überhaupt nicht einschätzen, wie es gelaufen ist. Mein Gefühl sagt mir, dass es eher nicht ganz so gut gelaufen sein könnte, da mein Projekt noch viele Angriffspunkte gegeben hat und auch ordentlich nachgefragt wurde, aber meiner Meinung nach, ist es dennoch in sich schlüssig, wenn vielleicht auch ein wenig zu kompliziert, um es in wenigen Minuten komplett argumentativ zu begründen.
Genau an diesem Punkt möchte ich aber nun ansetzen. Mir ist nämlich aufgefallen, wie wichtig das Argumentieren ist. Mein Nebenfach ist, wie einige von euch vielleicht wissen Philosophie und momentan höre ich drei Veranstaltungen bei einem wirklich ausgezeichneten Professor, der mich jedes mal aufs neue begeistert und fasziniert. Im Grunde machen wir nichts anderes als Texte durchzugehen, die Kerngedanken der Philosophen herauszuarbeiten und ihre Gedanken bzw. ihre Argumentation dann zu prüfen.
Dieses Prüfen der Argumente macht mir unglaublich viel Spaß und der Professor zeigt jedes Mal aufs neue wie wunderschön man Argumente entkräften kann, aber gleichzeitig auch unglaublich gute aufstellen kann, gegen die man nicht so schnell etwas sagen kann und gegen die es schwer ist zu argumentieren. Ich habe mir auch vor dem gestrigen Gespräch gedacht, dass ich solch eine Struktur in meinem Projekt brauche und habe mir die auch zurechtgelegt. Es ist jedoch unglaublich schwer gewesen das alles in der kurzen Zeit verständlich zu erklären und eigentlich hätte ich auch die beiden theoretischen Ansätze, die ich verwendet habe komplett erläutern müssen, damit es plausibel geworden wäre.
Im Grunde gibt es aber immer noch Schwachstellen in dem Projekt und dass es die gibt fasziniert mich irgendwie. Eigentlich würde ich gerne versuchen wollen ein Projekt zu entwickeln, was zu 100% wasserdicht ist, aber das ist einfach nicht möglich. Man kann immer Argumente gegen einzelne Punkte finden, da es nämlich ganz von den Voraussetzungen abhängt, die man trifft und von dem Erkenntnistheoretischen Modell, was man wählt. Diesen Punkt finde ich unglaublich interessant und mir ist gestern nach diesem Gespräch bewusst geworden, dass es vollkommen egal ist, ob man Dr. oder Prof. irgendwas heißt.
Diese Titel sind vielleicht schön, aber sie zeigen nicht, dass man auch in der Lage ist gut zu argumentieren und dass Argumente in unserer Welt nicht immer zählen kann man in zahlreichen politischen Diskussionen beobachten. Eigentlich sollte man sich an rein nach der Logik richten und schauen, welche Argumente schlüssig sind. In der Realität zählt aber ganz oft auch noch das Auftreten der Person und die Art und Weise, wie etwas präsentiert wird. Erst wenn diese beiden Sachen zusammentreffen und sich in einer Person super ergänzen, kann man überzeugende Argumentationen liefern und im Grunde auch jede Form von einer Diskussion gewinnen.
Da es mir sehr viel Spaß macht mich in diesem Bereich weiterzubilden, möchte ich mich jetzt vermehrt der Kunst der Argumente widmen und lernen, wie ich meine Gedanken und Ideen argumentativ und auch rhetorisch gut präsentieren kann. Wenn ich es schaffe dort eine gute Grundlage zu etablieren, muss ich wohl keine Angst mehr vor irgendeinem Professor haben und kann auf einem Level mit ihm argumentieren.
Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich diese ganzen Titel ziemlich nutzlos finde und der Welt vielleicht auch irgendwie zeigen möchte, dass diese Titel nicht nötig sind. Was ich mir da vornehme ist natürlich keine kleine Sache, ganz im Gegenteil und ich bin da auch durchaus realistisch und weiß, dass es gut sein könnte, dass ich mehr als nur scheitere. Dennoch möchte ich es einfach versuchen. Ich kann einfach nicht verstehen, warum in der Wissenschaft beispielsweise nur die Artikel von Professoren und Doktoren wirklich berücksichtigt werden und den anderen pauschal einfach keine Kompetenz zugesprochen wird.
Es sollte meiner Meinung nach absolut auf die Argumente und die Ideen ankommen und nicht auf solche Titel. Natürlich verstehe ich schon, dass man sich nicht die Meinung jedes dahergelaufenen anhören kann, aber dann zu sagen wir hören nur die Meinung von Leuten, die jahrelang im Büro verbracht haben und über die teils absurdesten Dinge promoviert haben, finde ich nicht in Ordnung und auch nicht richtig. Ich werde wohl nie Professor werden, weil ich einfach andere Wege einschlagen möchte, aber warum sollte meine Meinung oder meine Analysen zu bestimmten Themen denn schlechter sein, wenn ich mich wirklich sehr viel mit einem Thema befasst habe und vernünftige Forschung durchgeführt habe?
So werde ich nun versuchen mit zu bilden und mir die nötigen Kompetenzen anzueignen, um der Welt zu zeigen, dass es auch ohne große Titel geht und man gute Forschung durchführen kann. Ob ich das auch nur im Ansatz schaffe, weiß ich natürlich nicht, aber ich nehme es mir einfach mal vor. Selbst wenn ich scheitere so werde ich wahrscheinlich eine Menge lernen, während ich mich mit der Thematik beschäftige und vor allem werde ich wohl in der Lage sein besser zu argumentieren und das kann, denke ich, nie schlecht sein.
In diesem Sinne kann ich euch auch nur empfehlen euch mit ein wenig Logik und der Kunst des Argumentierens auseinanderzusetzen. Allein aus dem kleinen Logik Kurs in der Uni habe ich schon eine Menge mitnehmen können und merke auch, dass ich Texte usw. teilweise unter anderen Gesichtspunkten sehe und man einfach auch vermeintliche Argumente entlarven kann.
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