Montag, 27. Juni 2016

27.06.2016 - Ich bin dem Wahnsinn nahe

Meine Freundin und ich beim
Hawaii-Festival
Liebe Leser,

ich sitze hier alleine in meinem Zimmer in Japan, während es draußen in strömen regnet. Da ich das Fenster einen Spalt geöffnet habe, höre ich den Regen, während ein wenig kühler Wind seinen Weg in das Zimmer findet. Irgendwie mag ich die Atmosphäre. Ich stelle mir immer vor, dass sich Einstein in einer ähnlichen Atmosphäre befunden hat, als er über das Universum, die Zeit, das Licht und über was er sonst noch so alles nachgedacht hat, philosophiert hat.

Es wurde mal wieder Zeit ein wenig was zu schreiben bzw. versuche ich mit dem Schreiben dieses Artikels und eventuell folgender mal wieder meine Gedanken ein wenig zu ordnen. Um ehrlich zu sein, weiß ich manchmal nämlich nicht so recht weiter und ich fühle mich in manchen Momenten auch dem Wahnsinn nahe. Die Uni neigt sich hier in Japan nun langsam dem Ende zu und ich muss noch eine Menge an Hausarbeiten und Prüfungen schreiben. Mal wieder wird mir bewusst, dass ich Schreiben und Lernen zwar mag, aber nicht so wie es in der Universität praktiziert wird. Das ganze liegt mir einfach nicht und ich bin nicht glücklich damit. Ganz im Gegenteil verspüre ich sogar große Dissonanz in meinem Gehirn.



Jaja, das Gehirn. Wenn man meine Studien hier in Japan zusammenfassen möchte, so kann man wohl sagen, dass ich mich mit zwei Dingen beschäftigt habe. Zum einen natürlich der Japanischen Sprache und zum anderen habe ich mich mit dem Gehirn beschäftigt. Ich glaubte die Antwort auf meine Fragen im Bezug auf mich selbst und mein Handeln im Studium des Gehirns zu finden. Das verblüffende an der Geschichte: ich habe auch eine Menge Antworten gefunden. Das Enttäuschende: Meine Antworten helfen mir mich besser zu verstehen, aber ich kann das Wissen noch nicht umsetzen.

Im Großen und Ganzen habe ich herausgefunden, dass das Unterbewusstsein unser Verhalten im Grunde komplett steuert und das Unterbewusstsein wiederum wird von dem primitiveren Part des Gehirns gesteuert, welcher unter anderem für die Emotionen verantwortlich ist. Wir werden also von unseren Emotionen gesteuert und werden uns erst im Nachhinein darüber bewusst, was wir gemacht haben. Unser "Verstand" versucht dann eine Erklärung für unser Handeln zu finden und eine möglichst stimmige Geschichte (Identität) zu erfinden. Was gute und schlechte Gefühle in uns auslöst hängt davon ab, welchen Dingen wir in unserem Leben einen Wert zuschreiben. Wenn ich beispielsweise meine Familie als das Wichtigste in meinem Leben ansehe, dann werde ich positives empfinden, wenn ich Handlungen ausführe, die der Familie nutzen und negatives fühlen, wenn ich zum Nachteil der Familie handele.

Es hängt also alles davon ab, ob und wie man es schaffen kann sein Unterbewusstsein umzuprogrammieren und auf einem emotionalen Level Dinge zu verstehen. Wenn unser Bewusstsein alles steuern könnte, dann könnten wir ganz einfach all das machen, was wir gerne machen wollen. Da es aber nicht so einfach ist und wir, selbst wenn wir etwas wirklich wollen, oft prokrastinieren und uns einfach nicht an die Arbeit machen, kann das Bewusstsein alleine also nicht die Entscheidungsgewalt haben.

Nun gut, ich habe also herausgefunden, dass das Unterbewusstsein meine Handlungen bestimmt und ich daran arbeiten muss dieses zu ändern, um meine Handlungen und Gefühle auf lange Sicht auch ändern zu können. Momentan habe ich das Problem, dass ich teilweise viel zu emotional bin und mich zu sehr auf andere Menschen verlasse bzw. stütze. Wenn es Menschen gut geht, die mir wichtig sind, geht es auch mir gut, wenn es ihnen schlecht geht, geht es auch mir oft schlecht. Natürlich ist es gut anderen Menschen zu helfen und ich möchte auch immer anderen Menschen helfen, aber sein ganzes Wohlbefinden davon abhängig zu machen ist in keinem Fall eine gute Sache, wie ich finde. Ich muss meine eigenen Ziele verfolgen und darf mich nicht zu sehr von den Emotionen anderen fangen lassen.

Da dieses Verhaltensmuster aber schon so unglaublich viele Jahre in mir besteht und die neuronalen Bahnen für dieses Verhaltensmuster unglaublich stark sind, ist es auch unglaublich schwer diese zu ändern. Das einzige, was man da wohl machen kann, ist langsam neue neuronale Verknüpfungen zu bilden und diese neuen Bahnen zu stärken, während man andere (Die Bahnen für die Verhaltensmuster, die nicht erwünscht sind) schwächt. Das ist leichter gesagt als getan. Jeder, der sich damit schon einmal auseinander gesetzt hat, wird wissen, wie schwer es ist seine eigenen Verhaltensweisen zu ändern. Ich arbeite aber daran und werde so schnell nicht aufgeben.

Um ehrlich zu sein, macht mir die Universität aber wirklich sehr zu schaffen. Meine freie Zeit hier in Japan verbringe ich mit vielen Spaziergängen, meiner Freundin und anderen Freunden. Ich reise viel durch die Städte, schaue mir alles genau an und versuche so viel wie möglich von dem Land aufzusaugen, bevor es schon bald wieder nach Deutschland geht. Außerdem verbringe ich einen enorm großen Teil meiner Freizeit mit Lesen und lernen. Was letzteres angeht so meine ich nicht das Lernen für die Uni, sondern meine eigenen Studien und genau da liegt auch schon mein Problem. Ich liebe es zu lesen und mich damit zu beschäftigen, warum die Welt so ist, wie sie ist, warum gewisse Personen so handeln, wie sie handeln usw.

Ich möchte einfach alles wissen. Meiner Freundin geht das teilweise schon ziemlich auf den Nerv, glaube ich, weil ich immer frage warum sie dies oder das macht und welche Gedankengänge sie gegangen ist, um zu ihren Entscheidungen zu gelangen, aber es interessiert mich eben. Wenn ich mir Dinge nicht erklären kann, dann erzeugen sie eine Art von Angst in mir. Um dieses Gefühl der Angst zu überwinden, versuche ich herauszufinden, warum etwas so ist, wie es ist. Wenn ich eine Erklärung finde, ergibt plötzlich alles einen Sinn und ich bin beruhigt. Wenn ich aber keine Erklärung finde, wird es kritisch und ich habe das Gefühl wahnsinnig zu werden.

Eigentlich sollten meine eigenen Studien in Einklang mit der Universität stehen, aber da dies überhaupt nicht der Fall ist, mache ich momentan wohl irgendetwas falsch. Um genau zu sein, glaube ich, dass ich entweder das falsche Studienfach gewählt habe oder die Universität einfach nichts für mich ist. Ich bin ein Freigeist, der es liebt frei zu denken und die Welt zu entdecken. In der Universität ist dies aber leider nicht immer möglich.

Am Ende bleibt mir nun wohl nur übrig mich durch die letzten Hausarbeiten zu quälen und die Uni hier irgendwie zu einem halbwegs vernünftigen Abschluss zu bringen, auch wenn es mir unglaublich schwer fällt, da ich in der Zeit, die ich für die Hausarbeiten aufwenden muss einfach so viel mehr lernen könnte.

Für Heute soll es das erst einmal gewesen sein. Ich habe in der Vergangenheit oft versprochen mehr zu schreiben und es dann doch nicht getan, weshalb ich diesmal ein solches Versprechen nicht geben werde, aber dennoch möchte ich sagen, dass mehr schreiben möchte, um meine Gedanken zu ordnen. Im Moment ist das glaube ich sehr wichtig für mich und könnte mir sehr helfen.

2 Kommentare:

  1. Mir wurde seit kurzem bewusst, dass ich meine Emotionen besser unter Kontrolle habe wenn ich mich aus der "dritten Person" betrachte. Du versuchst deine Emotionen als etwas separates von dir zu betrachten und kannst dadurch die Realität objektiver sehen. Klappt bei mir zumindest oft. Habe in letzter Zeit viele "Real Talk" Videos von Athene gesehen und werde jetzt auch neben der Uni anfangen mich mehr mit dem Gehirn zu beschäftigen. Immer wieder schön zu sehen wo du gedanklich grade hängst :D

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  2. "meine Emotionen besser unter Kontrolle habe wenn ich mich aus der "dritten Person" betrachte."
    Eigentlich wollte ich keinen Kommentar schreiben, aber ich kann aus eigener Erfahrung nur DRINGEND davon abraten, sich selbst in der dritten Person zu sehen. Das ganze Gefühl der Identität und des "Ich"s geht verloren und man wird erst recht nicht emotional unabhängiger, da man sich selbst nur als Teil von den anderen sieht.
    Und dann kostet es auch noch immens viel Mühe und Zeit, sich selbst wieder zu finden und nicht jede Handlung von sich selbst zu hinterfragen, zu zerplücken und sich selbst damit nieder zu machen...

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