Dienstag, 25. November 2014

Seinen eigenen Weg gehen

Liebe Leser,

ich habe schon etwas länger keinen Artikel mehr verfasst, möchte aber nun wieder regelmäßiger schreiben. In der letzten Zeit ist mal wieder so einiges passiert und über das ein oder andere möchte ich mit euch in den nächsten Artikeln auch gerne diskutieren. Unter anderem wird es um die Wissenschaft und ihre Ziele gesehen, sowie aber auch um die Ästhetik von Dingen und nicht zu letzt um ein Thema, dem ich mich heute schon mal mit ein paar Gedanken widmen möchte.

Die Gesellschaft umgibt uns jeden Tag, hat Erwartungen an uns und wir glauben diesen Erwartungen folge leisten zu müssen. Gerade in den letzten Tagen und Wochen mache ich mir um diesen Punkt sehr viele Gedanken. Ich studiere nun gut mehr als ein Jahr modernes Japan und Philosophie und bin auch eigentlich sehr zufrieden mit meinem Studiengang. Es gibt jedoch auch ein paar Dinge, die mich stören und die mich zum nachdenken bringen.



Ich erinnere mich noch sehr gut an die Einführungsveranstaltung für die Erstsemester an der ich als Schülerstudent teilgenommen habe. Dort gab es eine Rede von einer Frau, die erzählt hat, dass man sich als Student etwas trauen solle und selbst denken solle ganz im Sinne von Kant. Sie sagte, dass man die Professoren hinterfragen solle und ihnen nicht alles leichtfertig glauben solle. Auch von einem Physikprofessor habe ich diese Worte gehört und ich muss sagen, dass mir die Idee sehr gut gefallen hat. Ich hatte das Gefühl, dass ich meine eigenen Gedanken entwickeln kann und diese dann mit den Professoren diskutieren kann und diese daran interessiert sind der Wahrheit, wie auch immer diese auch aussehen mag, ein Stückchen näher zu kommen.

Heute, ein Jahr nach Beginn des Studiums, muss ich mir eingestehen, dass dies wohl nur eine schöne Vorstellung war, die in der Praxis kaum eine Umsetzung gefunden hat. Ganz im Gegenteil bin ich in ein Gebiet, die Sozialforschung, geraten, welches unklar ist, wie sonst keines. Man nennt sie eine Wissenschaft aber im Grunde zeigt schon die Spaltung in qualitative- und quantitative Forscher, dass da was nicht im reinen ist und sie selbst nicht wissen, wie man am besten forschen soll. So habe ich dann auch erfahren, dass es teilweise wirklich so ist, dass die einen Forscher sagen, dass die Methode der anderen vollkommen daneben wäre und man so überhaupt nichts aussagen könne und andersrum genauso. Das was die Sozialwissenschaften brauchen ist eine einheitliche Theorie, die beide Forschungszweige miteinander verbindet und die Erkenntnisfähigkeit der Methoden auf eine solide Basis stellt. Zu diesem Punkt aber in einem späteren Artikel mehr.

Ich muss nun also sagen, dass die Uni mir in großen Teilen zwar wirklich sehr viel Spaß bereitet, sie mich gedanklich in anderen Teilen aber auch mehr als gefangen hält. All die Freiheit, die ich glaubte zu haben, fühle ich nicht. Jeden Tag stehe ich auf und gehe in die Uni, komme wieder und frage mich, warum ich hingegangen bin. Die Seminare, die ich besuche bestehen oft daraus Plakate zu erstellen, Expertengruppen zu bilden und die Ergebnisse der Gruppenarbeit dann zu besprechen. Für mich sieht das aus wie der Versuch Menschen, die oft weit über 20 Jahre alt sind dazu zu animieren ein wenig sozial aktiv zu werden. Das was stofflich wirklich vermittelt wird, kann man sich dabei oft in einem drittel der Zeit selbst aneignen. Für solche Seminare muss ich wirklich nicht in die Uni gehen.

Nun würde ich gerne meinen eigenen Weg wagen und einfach mal Dinge ausprobieren. Was mich momentan aber noch davon abhält ist eine gewisse Art von gesellschaftlicher Erwartung von der ich mich noch nicht ganz freimachen kann. Ich habe das Gefühl, dass man von mir erwartet, dass ich die Universität besuche und dort einen guten Abschluss mache. Im Grunde genommen ist es aber nicht das was mir am Wichtigsten ist. Ich habe viele Träume, denen ich nachfolgen möchte. Ein ganz großer davon ist es nach Japan zu gehen und in diesem Punkt kann mir die Universität vielleicht helfen, falls ich die Möglichkeit bekommen sollte ins Ausland zu gehen, aber das Grundproblem löst sich dadurch nicht. Ich möchte versuchen mich von all den Erwartungen der Gesellschaft bzw. den Geistern in meinem Kopf zu befreien und meinen eigenen Weg in Angriff zu nehmen.

Ich finde es auch sehr komisch, dass man in der Uni oft Dinge lernt, die einem überhaupt nicht weiterhelfen. Man erweitert sein Allgemeinwissen in bestimmten Bereichen vielleicht ein wenig, aber mit 21 Jahren sollte ich wohl auch in der Lage sein das selbst tun zu können. Ansonsten habe ich oft das Gefühl, dass die Dozenten einem selbst gar nicht so viel vermitteln können. Im Grunde ist es doch so ein bisschen wie in der Schule.

Generell sollte man sich, glaube ich, von allen äußeren Erwartungen freimachen. Alle Menschen wollen etwas von einem. Sie wollen, dass man so wird wie sie es nicht vermögen zu werden und das finde ich ehrlich gesagt ziemlich anmaßend und auch nicht Sinn der Sache. Wir alle haben Träume, Vorstellungen vom Glück und Dinge, die wir gerne machen, ja für die wir uns aufopfern würden. Warum sollen wir diesen Träumen nicht folgen und versuchen unser Glück zu finden? Warum sollen wir uns stattdessen mit Dingen beschäftigen, die uns vielleicht gar nicht interessieren oder Seitenlange Hausarbeiten schreiben über Themen, die uns eben so wenig interessieren? Ich kann euch jetzt aus dem Stand wahrscheinlich 15 Seiten über die Ästhetik und meine Gedanken zu ihr schreiben. Würde ich diese eigenen Gedanken und Beobachtungen als Hausarbeit abgeben, so wäre ich wohl durchgefallen. Es würden Zitate, Belege und vor allem die Literatur an sich fehlen.

Bis heute verstehe ich nicht, warum ich mich für eine Hausarbeit durch Berge von Büchern quälen soll und Wissen, was bekannt ist zusammenschreiben soll, es praktisch neu arrangieren soll. Ich habe immer gedacht, dass es darum geht neue Sichtweisen zu entdecken und zu zeigen, dass man in der Lage ist kreativ und selbstständig zu denken. Wenn man dann aber seine eigenen Gedanken in Worte fassen möchte ist das nicht wissenschaftlich genug und das in einer Wissenschaft, die sich über ihr eigenes Erkenntnisvermögen ihrer Methoden überhaupt nicht im klaren ist.

Ich für meinen Teil habe entschieden jetzt meinen eigenen Weg zu gehen und zu versuchen den Leuten zu zeigen, dass es auch einen anderen Weg gibt und das man auch andere Auffassungen von Wissenschaft und Hausarbeiten haben kann. Letztendlich werde ich mich wohl doch den Standards beugen müssen, aber ich werde versuchen eine Argumentation aufzubauen, die die Fehler des heutigen Systems aufzeigt und eine Alternative anbietet. Da dieses Unterfangen kein leichtes ist, wird es wohl seine Jahre in Anspruch nehmen und vielleicht werde ich es auch nie zu Ende bringen, weil mein Leben mich auf andere Wege geführt hat bis dahin, aber habe ich auch Erfolg damit.

Man weiß nie was kommt!

2 Kommentare:

  1. Hey TT,

    ich denke, dass das Problem darin liegt, dass man eben den guten Uniabschluss oder ähnliches benötigt, um in einem bestimmten Fachgebiet später bei der Arbeitssuche wirklich gute Aussichten haben zu können. Wenn man zum Beispiel als Chemiker oder Biologe später einmal in den Bereich der Forschung gehen möchte, ist ein sehr guter Abschluss des Studiums nun einmal Pflicht. Was ich nicht sagen möchte, ist, dass das ganze unbedingt geändert werden muss, denn das ganze hat ja natürlich auch ganz klar seinen Sinn. Nur sind eben wirklich viele Inhalte des Studiums (und das merke ich bei mir selbst auch sehr) nicht gerade das, was uns wirklich brennend interressiert; bzw. verstehe ich persönlich bei vielen Dingen oder sogar Fachgebieten nicht, wie mir die von mir geforderte Kenntnis über das Fachgebiet später in bei der wirklichen Arbeit von nutzen sein könnte. Aber das ist es eben: ungefähr 90% von dem, das ich lernen muss, werde ich höchstwahrscheinlich später nie wieder gebrauchen können. (Das kann bei dir als Sprachler natürlich anders sein, da kenne ich mich nicht gut genug für aus.) Trotzdem ist es eben so, dass man dann im Studium Dinge lernen bzw. tun muss, die einem nicht so sehr interessieren, gefallen oder weiterhelfen, aber man diese eben für die Gesamtheit des Studiums benötigt.

    Hier befinde ich mich nämlich schon seit mehr als einem Jahr im Zwiespalt: ich musste mich nämlich nach der Schule entscheiden, ob ich das Studiere, was ich am besten kann, oder das, was mich am meisten interessiert. Habe mich dann für ersteres entschieden, da ich u.a. auch früher öfters gesagt hatte dass ich in diese Richtung gerne mal gehen würde. Jetzt habe ich allerdings das Problem dass mir seit einem halben Jahr schon bei meinem eigenen Studium komplett die Motivation fehlt, und ich mich wirklich immer öfter frage, ob ich denn die Entscheidung denn wirklich richtig war oder nicht... und besonders gut bin ich im Studium auch nicht.. was aber auch daran liegt, dass ich wirklich megafaul bin :D

    Jetzt schlage ich mich schon eine Weile mit dem Gedanken herum, meinen Studiengang zu wechseln, habe das aber nach vielem Überdenken nicht vor, aus mehreren Gründen: zum einen, weil ich mich nicht wirklich dazu traue (hört sich doof an, ist aber so; dafür müsste ich jetzt aber viel weiter ausholen), und auch deshalb, weil eben, wie du es in deinem Blog ansprichst, die Erwartungen bei mir liegen, u.a. seitens der Familie, dass ich dieses Studium auch wirklich mache. Denn die wissen nichts davon, dass ich mir gerade echt viele Gedanken hierüber mache. Und ich habe ja leider immer so rumposaunt, dass das mein Lieblingsgebiet wäre.

    Ich habe mir nun eben vorgenommen, das Studium durchzuziehen, auch wenn es mir momentan nicht wirklich so arg gefällt, denn wer weiß? Vielleicht kommen in den folgenden Semestern, oder später im Hauptstudium, die Dinge, die ich wirklich lernen möchte und für die ich ich mich auch begeistere.

    Trotzdem finde ich daher deine Entschlossenheit bei deiner Entscheidung so stark, vom Physikstudium so schnell zum Japanischstudium überzuwechseln; obwohl ich nur vermuten kann, dass diese Entscheidung für dich nicht annähernd so schwierig war :-) Und vielleicht war es bei mir auch einfach das Problem, dass ich zu spät erkannt habe, wo meine wirklichen persönlichen Interessen liegen...

    Aber das solls auch gewesen sein, ich will ja nicht zu viel schreiben :D

    MfG powerofchaos1

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    1. Ich würde nicht sagen, dass für solche Bereiche das Studium eine Pflicht ist. Es wird uns heute erzählt, dass das Pflicht wäre und in der Wirklichkeit erwarten auch viele Firmen, dass man eben diese Voraussetzungen wie Studium usw. hat, aber ich denke, dass es auch ganz klar andere Wege gibt, um ein sein Ziel zu kommen. Wenn man richtig gut ist in dem was man macht, aber nie zur Uni gehen sollte, wird man trotzdem einen Job eben aufgrund seiner Fähigkeiten finden. Natürlich geht es hier nicht um die Allgemeinheit und da wollte ich auch nie drauf hinaus. Das System würde zusammenbrechen, wenn jeder irgendwas anderes machen würde. Für die Gesellschaft ist dieses System sehr wichtig, aber ich zweifel eben daran, ob es für mich das richtige ist.

      Ich finde es interessant, dass du das sagst und kann dir nur sagen, dass ich da auf mich selbst und mein Inneres hören würde. Wenn es dir nicht wirklich Spaß macht und du das Gefühl hast, dass es dir persönlich nichts bringt dann solltest du vielleicht den Mut haben eine andere Richtung einzuschlagen. Wenn man in solch einem Fall weitermacht dann kann es wohl leicht passieren, dass man gar nicht mehr daraus kommt und irgendwann seine Situation akzeptiert. Vor sowas habe ich zumindest sehr viel Angst.

      Das mit der Angst bzw. dem "Trauen" ist eine schwierige Sache. Ich finde aber ehrlich gesagt, dass wenn du eine andere Idee hast, was du machen könntest, dass du dich dann auch trauen solltest. Ich bin vor 3 Jahren auch durch die Welt gelaufen und habe allen erzählt, dass ich Physiker werde und die Welt erkläre. Mich dann für modernes Japan zu entscheiden war auch nicht leicht, da alle gedacht haben, dass ich Physik studieren möchte und mir das total viel Spaß machen würde. Mich für Japanisch und gegen Physik zu entscheiden war eine der besten Sachen, die ich überhaupt machen hätte können. Man muss manchmal den Mut haben Dinge zu machen, die man sonst nicht machen würde. Nur so hat man eine Chance etwas neues zu erfahren.

      Für mich war die Entscheidung mit dem Studienwechsel eine sehr schwierige Entscheidung. Es ist nie zu spät seinen Interessen nachzugehen! Überlege dir einfach genau, wie es aussehen würde, wenn du einen anderen Weg gehen würdest und frage dich, ob dir dieser Weg besser gefallen würde. Wenn er dir besser gefällt dann gehe ihn. Es ist dein Leben und du solltest es auch bestimmen. Die Familie, Freunde usw. können Rat geben, aber sie sollten niemals das eigene Leben durch ihre Erwartungen derart bestimmen, dass man etwas macht, was man nicht will.

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